Wer ist eigentlich Annekatrin Buhl:
Annekatrin Buhl ist selbstständige Employer-Branding-Beraterin. Sie unterstützt mittelständische Unternehmen dabei, ihre Arbeitgebermarke aufzubauen und entwickelt passende Strategien für ihre Arbeitgeberkommunikation – als Rundum-Begleiterin oder Sparringspartnerin. Und das durchaus erfolgreich: Ihre Kunden werden immer wieder für die mit ihr entwickelten Arbeitgebermarken ausgezeichnet, zuletzt die Diakonie Leipzig mit dem Leipziger Marketingpreis und der Oberbergische Kreis mit einem Trendence Award.
Wir freuen uns sehr auf Insights und Tipps einer Expertin wie Annekatrin Buhl!
Wie lange sind Sie schon im Bereich Employer Branding unterwegs?
Employer Branding begleitet mich seit mittlerweile 15 Jahren. Ich komme ursprünglich aus der Unternehmenskommunikation und habe schon in meinem ersten Job in einer Agentur Arbeitgebermarken für mittelständische Unternehmen entwickelt.
Anschließend war ich Head of PR & Marketing beim Trendence Institut, dem wichtigsten Marktforschungsinstitut für Employer Branding in Deutschland, und habe mich damit beschäftigt, was Arbeitgeber für Bewerbende attraktiv macht und wie sich Jobsuchende über Arbeitgeber informieren.
Doch ich wollte wieder Unternehmen dabei begleiten, ihre Arbeitgebermarke aufzubauen, und habe mich 2018 als Employer-Branding-Beraterin für den Mittelstand selbstständig gemacht. In den vergangenen fünf Jahren habe ich mehr als 40 Arbeitgeber beim Markenaufbau unterstützt und die versteckten Potenziale ihrer Kommunikation als Arbeitgeber aufgedeckt.
Welche konkreten Schritte unternehmen Sie, um Employer Brands aufzubauen und zu pflegen, und welche Ergebnisse haben Sie erzielt?
Jede starke Arbeitgebermarke gründet auf einer umfassenden Analyse: Was erwarten unsere Wunschbewerberinnen und -bewerber von uns als Arbeitgeber? Welche Argumente werfen unsere Wettbewerber auf dem Arbeitskräftemarkt in die Waagschale? Und vor allem: Welche Stärken haben wir als Arbeitgeber? Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, was Management oder Personalabteilung glauben, sondern die Meinung der Mitarbeitenden ist entscheidend. Je mehr Energie am Anfang in eine fundierte Analyse fließt, desto passender wird die Strategie und desto einfacher wird die Umsetzung.
Im nächsten Schritt entscheidet das Unternehmen, auf welche Stärken es künftig setzen oder welche Stärken es aufbauen möchte. Das erarbeiten Management, Personal- und Marketingabteilung gemeinsam in einem Workshop. Damit definieren sie die Eckpfeiler des Arbeitgeberversprechens, ihrer EVP. Die wird anschließend ausformuliert und in einen Arbeitgeberclaim, Kernbotschaften und ein Keyvisual übersetzt.
Das ist von nun an sowohl inhaltliche Leitlinie für Arbeitgeberkommunikation, HR-Marketing und Recruiting als auch strategische Leitlinie für alle arbeitgeberrelevanten Entscheidungen im Unternehmen. Es ist quasi eine Pflegeanleitung für die Arbeitgebermarke.
Für die meisten Arbeitgeber ist zunächst besonders wichtig: sichtbar werden. Dafür braucht es einen sauber aufgestellten Kommunikationsplan, der beschreibt, wie und über welche Maßnahmen auf welchen Kanälen künftig die Wunsch-Talente erreicht und überzeugt werden.
Mit gut gemachtem Employer Branding fällt die Arbeitgeberkommunikation leichter, das Recruiting wird effizienter, das Erleben der Arbeitgeberkultur wird intensiver, die Mitarbeitenden identifizieren sich stärker mit ihrem Arbeitgeber, bleiben länger im Unternehmen und sind motivierter. Und das hat schließlich auch positive Effekte auf den Unternehmenserfolg.
Diesen Prozess können Unternehmen übrigens auch weitestgehend allein auf die Beine stellen, solange sie sich die Zeit dafür nehmen. Es braucht nicht immer ein großes Budget für Agenturen oder Beratung. Natürlich hilft ein Blick von außen, um unangenehme Themen anzusprechen, Wege aus einer Sackgasse zu zeigen oder Feedback zu geben. Das lässt sich aber auch wunderbar mit einer Sparringspartnerin oder einem Sparringspartner lösen, mit denen man sich regelmäßig austauscht.
Welche Strategien wenden Sie an, um authentische Employer Brands aufzubauen, und könnten Sie Praxistipps für eine Situation nennen, in der Authentizität eine entscheidende Rolle gespielt hat?
Authentizität spielt für Arbeitgebermarken in jeder Situation eine essenzielle Rolle. Ist sie nicht authentisch, resignieren erst die bestehenden Mitarbeitenden und dann die neu eingestellten – und beide werden schnell die Flucht ergreifen oder innerlich kündigen. Das ist eine Anleitung zum Geldverbrennen.
Eine unauthentische Arbeitgebermarke ist in meinen Augen keine Marke. Sie ist im besten Fall ein schöner Schein. Bei einer Marke geht es aber vor allem ums Sein, das zum Strahlen kommt.
Damit eine Arbeitgebermarke authentisch wird, müssen die Mitarbeitenden von Anfang an eingebunden sein, insbesondere bei der Analyse der Stärken und Schwächen, mindestens durch eine Online-Befragung aller Mitarbeitenden und Interviews mit einzelnen Kolleginnen und Kollegen. Es braucht ein Mindestmaß an Partizipation – und gute interne Kommunikation zum Projekt.
Es ist auch möglich, eine Arbeitgebermarke komplett partizipativ zu entwickeln. Dann sind alle Mitarbeitenden in jedem Schritt der Markenentwicklung eingebunden. Das ist jedoch aufwändig: Es bindet viel Arbeitszeit, dauert lange und ist teuer. Und es passt kulturell nur zu den wenigsten Unternehmen.
Sinnvoll ist wie so oft ein Mittelweg. Die Diakonie Leipzig hat zum Beispiel zu Beginn des Projekts einen Aufruf in der gesamten Belegschaft gestartet: über die Mitarbeiterzeitschrift, über Plakate und Flyer. Alle, die bei der Entwicklung der Arbeitgebermarke mitwirken wollten, konnten das tun. Von den rund 1.500 Mitarbeitenden haben sich 150 aktiv beteiligt. Wir haben in Workshops die Stärken und Schwächen des Arbeitgebers erarbeitet und damit das Fundament für das Arbeitgeberversprechen gelegt. In einem Belastungstest haben wir ihnen die EVP und das Keyvisual vorab vorgestellt und ihr Feedback eingearbeitet. Das Tolle daran: Schon vor dem internen Roll-out der Arbeitgebermarke hatten wir damit 150 Fürsprecherinnen und Fürsprecher, die ihre Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Begeisterung für den neuen Arbeitgeberauftritt anstecken konnten.
Welche Maßnahmen haben Sie oder Ihre Kunden ergriffen, um potenzielle Bewerber für ein Unternehmen zu begeistern? Könnten Sie ein Beispiel für eine erfolgreiche Initiative geben?
Der Oberbergische Kreis hatte zwei große Herausforderungen: Kaum jemand kannte die Kreisverwaltung als Institution oder gar als Arbeitgeber und wenn, dann lediglich für klassische Verwaltungsjobs. Stattdessen gibt es aber Jobs für fast 100 Berufsbilder. Wir mussten also die Bekanntheit steigern, die Vielfalt der Jobs zeigen und gleichzeitig vermitteln, was der OBK als Arbeitgeber zu bieten hat.
Der OBK hat zwei Linienbusse gebrandet, die sechs Monate durch das Kreisgebiet gefahren sind. Darauf waren Mitarbeitende in ihrem Arbeitsumfeld zu sehen – von Bauingenieuren über Biologinnen und Medizinerinnen bis hin zu Verwaltungskollegen – und natürlich der Arbeitgeberclaim „Mit uns wird’s rund“ sowie ein Einzeiler zu den wichtigsten Vorzügen. Dazu gab’s einen Call-to-Action samt URL und QR-Code, der zur Karrierewebsite führte, auf der nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch die verschiedenen Berufsfelder vorgestellt sind. Die Karrierewebsite hatte dadurch so viele Besucherinnen und Besucher wie nie zuvor.
Die Aktion hatte einen tollen Nebeneffekt: Es hat die Mitarbeitenden unheimlich stolz gemacht. Das hat also nicht nur für die gewünschte Aufmerksamkeit gesorgt, sondern auch die Identifikation gestärkt.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, wenn es darum geht, eine Employer Brand international auszurichten, und könnten Sie ein Beispiel für eine Strategie nennen, die sich in einem bestimmten Markt als erfolgreich erwiesen hat?
Wenn es eine Strategie gibt, die sich immer als erfolgreich erweist, dann diese: Niemals eine Arbeitgebermarke aus einem Land ungeprüft einer anderen Landesgesellschaft überstülpen. Das geht selten gut.
Ich stelle immer die Fragen: Wie eigenständig agieren die Ländergesellschaften, vor allem mit Blick auf Kultur und HR? Wie stark unterscheidet sich das Erleben der Arbeitswelt für die Mitarbeitenden? Soll sich daran in naher Zukunft etwas ändern?
Aus meiner Erfahrung mit international aufgestellten Mittelständlern ist es sinnvoll, einige Kern-Elemente festzulegen, die für alle Länder gelten, auch wenn sich vielleicht die Art und Weise, wie sie sich zeigen, unterscheidet. Zusätzlich zu diesem Kern sollte es für jede Landesgesellschaft einige landesspezifische Elemente des Arbeitgeberversprechens geben.
Wenn das Erleben des Arbeitgebers in allen Ländergesellschaften ähnlich ist, kann eine starke Dach-Arbeitgebermarke entstehen. Doch selbst dann sind lokale Anpassungen nötig, denn jede Ländergesellschaft ist auf einem anderen Markt unterwegs: die Ansprüche der Bewerbenden an Arbeitgeber unterscheiden sich. Und darauf muss eine überzeugende Arbeitgebermarke eine Antwort geben. Das zeigt, wie wichtig eine fundierte Analyse ist.