Harvard Konzept
Harvard Konzept Definition
In den 1980er Jahren entwickelte der Rechtswissenschaftler Roger Fisher an der Harvard Universität das Harvard Konzept, das auch als Harvard Modell oder Harvard Prinzip bekannt ist. Dabei handelt es sich um eine Methode sachgerechten Verhandelns, die darauf ausgelegt ist, Verhandlungen konstruktiv zu gestalten, Konfliktsituationen zu vermeiden und zu einer Lösung zu gelangen, die für beide Verhandlungspartner*innen von Vorteil ist.
Im Mittelpunkt von Fishers Modell stehen vier zentrale Prinzipien:
- Getrennte Betrachtung von Mensch und Problem
- Fokussierung auf Interessen und nicht auf Positionen
- Entwicklung von Optionen, von denen alle profitieren
- Entwicklung objektiver Entscheidungskriterien
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Getrennte Betrachtung von Mensch und Problem
Um die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Verhandlung zu erhöhen, ist es nach Fisher maßgeblich, deutlich zwischen Sachebene und persönlicher Ebene zu unterscheiden. Dahinter steht die Idee, dass in einer Verhandlung nicht nur eine inhaltliche Lösung gesucht wird, sondern auch die Beziehung zu der oder dem jeweiligen Verhandlungspartner*in ausgehandelt wird. Praktisch ergibt sich daraus der Anspruch, in der Thematik hart und fordernd zu sein und dabei trotzdem respektvoll und höflich zu bleiben.
Fokussierung auf Interessen und nicht auf Positionen
Im Mittelpunkt dieses Prinzips steht die Unterscheidung von Interesse und Position. Während Positionen die konkreten Forderungen beschreiben, begründen Interessen vor allem die dahinterstehende Motivation. Daraus ergibt sich, dass es für ein Interesse zahlreiche verschiedene Erfüllungsmöglichkeiten gibt, für eine Forderung jedoch in der Regel nur eine. Verfolgt ein*e Arbeitnehmer*in beispielsweise das Interesse, mehr zu verdienen als bisher, um sich weitere Urlaube leisten zu können, gibt es verschiedene Ansätze, entsprechendem Wunsch nachzukommen. Fordert die Arbeitskraft jedoch ein konkretes Grundgehalt, ist der Lösungsraum begrenzt.
Entwicklung von Optionen, von denen alle profitieren
In diesem Schritt geht es um die Entwicklung unterschiedlicher Lösungsoptionen. Dabei sind vor allem Kreativität und Flexibilität gefragt, um im Rahmen eines gemeinsamen Brainstormings Lösungen zu finden, die die Interessen beider Seiten erfüllen. Dabei ist es sinnvoll, zunächst zahlreiche verschiedene Optionen zu sammeln, bevor diese später diskutiert und bewertet werden.
Entwicklung objektiver Entscheidungskriterien
Im Rahmen des Harvard Konzepts endet eine erfolgreiche Verhandlung damit, dass eine Entscheidung getroffen wird, bei der beide Seiten objektiv gegeneinander abgewogen werden. Hier werden also Vorstellungen, Ziele und Interessen ein letztes Mal kommuniziert, um Motive anzupassen und Einzelheiten zu verbessern. Um hierbei eine möglichst große Neutralität zu gewährleisten, schlägt das Harvard Konzept eine Orientierung an objektiven Standards wie Marktvergleichen, Gutachten, gesetzlichen Regelungen oder Präzedenzfällen vor.
Harvard Konzept Kritik
Am Harvard Konzept wird in erster Linie die Kritik geübt, dass davon ausgegangen wird, dass beide Verhandlungsseiten über jeweils gleiche Informationen verfügen. In der Realität wird deshalb oft von einer asymmetrischen Informationsverteilung gesprochen. Das heißt, eine Seite weiß mehr als die andere, was dazu führt, dass es statt zu einer Win-Win-Situation eher zu einer Win-Lose-Situation kommt.
Harvard Konzept Alternative
Das Harvard Konzept stellt zwar eine durchaus sinnvolle Verhandlungsmethode dar, doch auch diese führt nicht immer zum gewünschten Erfolg. Für diesen Fall führt Fisher das BATNA-Konzept als Alternative ein. BATNA steht kurz für „Best Alternative To Negotiated Agreement“ (Deutsch: Beste Alternative für den Fall keiner Einigung). Im Idealfall werden im Rahmen davon schon vor Verhandlungsbeginn die eigenen Erfolgsaussichten definiert, um daraus die bestmögliche Alternative abzuleiten. Hierbei geht es also vor allem darum, die eigene Verhandlungsposition zu stärken.