Die aktuellen Zahlen zur Nutzung sozialer Netzwerke in Deutschland zeigen deutliche Verschiebungen in der Beliebtheit und Nutzungshäufigkeit von Social Media. Für Unternehmen, die Social Media Recruiting betreiben, ist es essentiell, diese Trends zu verstehen und ihre Recruiting-Strategien an die Zielgruppe anzupassen. Dieser Artikel beleuchtet die neuesten Entwicklungen, hinterfragt die Aussagekraft der Statistiken und gibt praxisnahe Empfehlungen für ein erfolgreiches Social Media Recruiting. Es wird gezeigt, wie Unternehmen potenzielle Bewerbende mit Hilfe von Social Media Recruiting Maßnahmen erfolgreich ansprechen und ihre Social Media Recruiting-Strategie auf die Bedürfnisse der Kandidatinnen und Kandidaten ausrichten können.
- Einleitung
- Aktuelle Nutzerzahlen von Social Media in Deutschland:
- Kritische Betrachtung der Social Media Statistiken
- Relevanz der Nutzerzahlen für das Social Media Recruiting
- Zukunftsaussichten des Social Media Recruitings
- Vor- und Nachteile des Social Media Recruitings
- Rechtliche Rahmenbedingungen im Social Media Recruiting
- Fazit und Ausblick
Einleitung
Social Media Recruiting hat sich in den letzten Jahren zu einem zentralen Bestandteil der Personalgewinnung entwickelt. Die Wahl des richtigen Social Media Kanals spielt dabei eine entscheidende Rolle, um die gewünschte Zielgruppe effektiv zu erreichen. Die Offenlegung von Social Media Zahlen durch den Digital Services Act (DSA) bietet zwar wertvolle Einblicke in die Reichweite der Netzwerke, doch erst durch gezielte Analysen und zusätzliche Recherchen lassen sich strategische Prozesse ableiten. Dieser Artikel analysiert die Social Media Daten, beleuchtet deren Aussagekraft und zeigt auf, wie Unternehmen erfolgreiches Social Media Recruiting betreiben können, um potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten anzusprechen.
Aktuelle Nutzerzahlen von Social Media in Deutschland:
Die Einführung des Digital Services Act (DSA) in der Europäischen Union verpflichtet große Social Media Kanäle zur Offenlegung ihrer Anwenderzahlen. Diese Transparenz ermöglicht es, fundierte Entscheidungen zu treffen und Social Media besser zu verstehen.
Youtube
Mit 88,1 Millionen aktiven Nutzerinnen und Nutzern in Deutschland übersteigt YouTube die Einwohnerzahl des Landes deutlich. Diese Diskrepanz lässt sich durch Mehrfachaccounts erklären, wie private und geschäftliche Profile. Die Social Media Plattform zeichnet sich durch ihre hohe Verweildauer und breite Zielgruppenansprache aus, da sie Inhalte von Tutorials bis hin zu Unterhaltungsclips bietet. Auch Kurzvideos, die ursprünglich durch TikTok populär wurden, spielen hier eine immer größere Rolle. YouTube ist nicht nur eine Unterhaltungsplattform, sondern auch eine der meistgenutzten Suchmaschinen der Welt und nach Google die am häufigsten besuchte Webseite. Das ermöglicht Unternehmen, durch Suchmaschinenoptimierung (SEO) gezielte Inhalte für potenzielle Bewerbende bereitzustellen. Formate wie YouTube Shorts bieten zusätzlich Möglichkeiten, schnell und effektiv Botschaften zu verbreiten.
Rund 45 Millionen Menschen nutzen Instagram aktiv. Die Social Media Plattform erfreut sich großer Beliebtheit bei jüngeren Zielgruppen und bietet visuelle Inhalte, die sich durch Kreativität, Vernetzung und schnelle Kommunikation sowie Interaktion auszeichnen. Auch Reels, die als Konkurrenz zu TikTok etabliert wurden, sind ein Bestandteil von Instagram und haben eine große Reichweite.
Trotz vieler registrierter Accounts sinkt die Nutzeraktivität auf Facebook auf 32,9 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer. Viele Profile sind inaktiv, was die Relevanz des sozialen Netzwerkes beeinflusst. Dennoch bleibt Facebook ein Tool zur Ansprache der Zielgruppe zwischen 35 und 44 Jahren (19,0%) sowie zwischen 45 und 54 Jahren (11%).
TikTok
Mit etwa 20 Millionen aktiven Nutzerinnen und Nutzern allein in Deutschland ist TikTok bei der Generation Z besonders beliebt. Die Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren ist hier stark vertreten. Die Social Media Plattform ist für ihre kurzweiligen und kreativen Inhalte bekannt und wächst weiterhin rasant. Global betrachtet hat TikTok mittlerweile 1,6 Milliarden monatlich aktive Nutzerinnen und Nutzer (Monthly Active Users, MAUs), während YouTube mit 2,6 Milliarden MAUs weiterhin an der Spitze liegt.
Weitere Social Media Kanäle
LinkedIn und Xing sind führend im B2B-Bereich, während Social Media Kanäle wie Pinterest oder Snapchat spezifische Zielgruppen in Nischen ansprechen. Interessant ist auch der wachsende Anteil älterer Nutzer auf Social Media Kanäle, die nun verstärkt angesprochen werden können.
Insgesamt ist die Zahl der Social Media Nutzenden in Deutschland deutlich gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr konnte ein Zuwachs von 10% registriert werden.
Kritische Betrachtung der Social Media Statistiken
Trotz der neuen Transparenz durch den DSA gibt es weiterhin Herausforderungen bei der Interpretation der Social Media Statistiken. Ein wesentlicher Kritikpunkt sind Mehrfachaccounts, die die tatsächliche Reichweite von Social Media verzerren. Beispielsweise führen private und geschäftliche Profile auf Social Media wie auf YouTube zu einer höheren Nutzerzahl, während Facebook durch viele inaktive Accounts auffällt. Diese Faktoren erschweren es Unternehmen, valide Rückschlüsse auf die tatsächliche Aktivität und Reichweite von Social Media zu ziehen.
Relevanz der Nutzerzahlen für das Social Media Recruiting
Die statistischen Erkenntnisse zu aktiven Nutzerinnen und Nutzern und deren Verhalten auf Social Media liefern wertvolle Anhaltspunkte dafür, wie Unternehmen ihre Social Media Recruiting-Strategien optimieren können. Dabei zeigt sich, dass nicht allein die bloßen Anwenderzahlen entscheidend sind, sondern die Art und Intensität der Interaktion auf einer Social Media Plattform. Hier ist die tägliche Nutzungsdauer ein entscheidender Faktor: Deutsche Nutzerinnen und Nutzer verbringen im Durchschnitt 89 Minuten täglich in sozialen Medien. Diese Zahl zeigt das Potenzial für hohe Sichtbarkeit, macht aber auch deutlich, wie wichtig auffallende und zielgerichtete Inhalte im Social Media Recruiting sind.
Social Media Plattformen wie YouTube, die durch hohe Verweildauer und aktives Engagement überzeugen, eröffnen beispielsweise einzigartige Möglichkeiten für die Ansprache potenzieller Mitarbeitender. Hier können emotionale Verbindungen geschaffen werden, die weit über die Reichweite hinaus wirken. Besonders das Medium Bewegtbild spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Videos ermöglichen es Unternehmen, sich und ihre Mitarbeitenden authentisch darzustellen und damit einen deutlich besseren Eindruck zu hinterlassen, als es klassische Stellenanzeigen oder eine Karriereseite allein leisten könnten. Viele Nutzerinnen und Nutzer „skimmen“ Texte lediglich, das heißt, sie überfliegen diese nur, während Videos eher dazu einladen, die Inhalte tatsächlich aufzunehmen.
Oft unterschätzt oder vergessen wird zudem die Möglichkeit, YouTube als Retargeting-Kanal zu nutzen. Unternehmen können gezielt Personen ansprechen, die bereits mit ihrer Karriereseite oder ihren Anzeigen interagiert haben. Dies ist besonders in der Candidate Journey wertvoll, da Bewerbende häufig mehrere Touchpoints durchlaufen, bevor sie sich für eine Bewerbung entscheiden. In Kombination mit Reichweitenboostern über Google Ads können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Inhalte bei den richtigen Zielgruppen mehrfach ausgespielt werden und so nachhaltig im Gedächtnis bleiben.
Beispielhafte Anwendungen in der Personalbeschaffung:
- YouTube: Firmen können durch Employer-Branding-Kampagnen ihre Arbeitgebermarke stärken und ihre Unternehmenskultur präsentieren. Authentische Inhalte wie „Ein Tag im Leben“-Formate oder Interviews mit Mitarbeitenden schaffen Vertrauen und Identifikation. Video-Stellenanzeigen, die nicht nur die Position, sondern auch das Team und die Werte des Unternehmens vorstellen, steigern das Interesse potenzieller Kandidatinnen und Kandidaten erheblich. Auch Kurzvideos, wie Reels und TikTok-Clips, können eine hohe Reichweite und Aufmerksamkeit erzielen. Somit können bei diesen drei Netzwerkplattformen gleiche Inhalte hochgeladen werden, um auf jeder Social Media Plattform die Zielgruppe ansprechen zu können. Diese Methode nennt sich Multiposting. YouTube’s algorithmische Empfehlungen stellen sicher, dass relevante Inhalte den passenden Zielgruppen vorgeschlagen werden.
- Instagram: Dynamische Inhalte in Stories und Reels eignen sich hervorragend, um den Arbeitsalltag oder Benefits für Mitarbeitende visuell zu präsentieren. Hashtag-Kampagnen oder interaktive Umfragen können die Zielgruppe direkt einbinden und als Marketingstrategie eingesetzt werden. Die Unternehmensseite kann im Unternehmensprofil verlinkt werden, damit sich die Follower und Followerinnen über die Webseite erkundigen können.
- TikTok: Kreative Challenges, die Mitarbeitende einbeziehen, oder humorvolle Behind-the-Scenes-Videos sprechen vor allem jüngere Zielgruppen an. Die spielerische Herangehensweise erhöht die Reichweite und schafft eine positive Markenwahrnehmung auf Social Media.
Durch eine strategische Auswahl der Plattform und eine zielgerichtete Ansprache können Unternehmen ihren Social Media Recruiting-Prozess auf ein neues Niveau heben und Talente nachhaltig begeistern.
Zukunftsaussichten des Social Media Recruitings
Social Media wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen, insbesondere durch technologische Fortschritte wie Künstliche Intelligenz (KI) und Algorithmus-Optimierung. Diese Technologien bieten folgende Möglichkeiten:
- Content-Empfehlungen: Plattformen wie YouTube optimieren ihre Algorithmen, um Inhalte mit hoher Relevanz vorzuschlagen, was Unternehmen helfen kann, ihre Zielgruppen effektiv zu erreichen.
- Interaktive Formate: Mit der Integration von Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) können immersive Bewerbungserfahrungen geschaffen werden, z. B. virtuelle Rundgänge durch das Unternehmen.
- Steigende Bedeutung von Video-Content: Videos bleiben das bevorzugte Medium, da sie Emotionen wecken und komplexe Informationen auf einfache Weise vermitteln. Kurzvideos werden dabei weiterhin eine zentrale Rolle spielen.
- Social SEO: Social Media Kanäle wie Instagram, TikTok oder YouTube entwickeln sich zunehmend zu Suchmaschinen, was die Optimierung von Inhalten für interne Suchfunktionen unerlässlich macht.
Die Verweildauer und Interaktion auf Social Media, wie bei YouTube wird durch diese Entwicklungen weiter steigen, was Unternehmen zusätzliche Chancen bietet, langfristig Talente zu gewinnen.
Vor- und Nachteile des Social Media Recruitings
Vorteile:
- Hohe Reichweite: Social Media ermöglicht den Zugang zu Millionen potenzieller Bewerberinnen und Bewerber weltweit.
- Zielgruppenspezifische Ansprache: Dank detaillierter Zielgruppendaten können Kampagnen präzise ausgerichtet werden.
- Kosteneffizienz: Im Vergleich zu traditionellen Recruiting-Maßnahmen über Jobbörsen sind Social Media Kampagnen oft günstiger.
- Interaktive Formate: Funktionen wie Stories, Reels oder Live-Videos schaffen direkte und persönliche Verbindungen, im Vergleich zu herkömmlichen Stellenanzeigen.
- Passive und wechselwillige Kandidatinnen und Kandidaten erreichen: Auch Personen, die nicht aktiv auf Jobsuche sind, können über Social Media auf attraktive Jobangebote aufmerksam gemacht werden.
- Schnelligkeit im Recruiting-Prozess: Bewerbende können oft direkt per Klick oder Nachricht Kontakt aufnehmen (Direktansprache), wodurch der Bewerbungsprozess beschleunigt wird.
Nachteile:
- Abhängigkeit von Algorithmen: Die Sichtbarkeit von Inhalten ist stark von Plattform-Algorithmen abhängig, was Unternehmen zu ständigen Anpassungen zwingt.
- Hoher Wettbewerbsdruck: Viele Unternehmen nutzen Social Media für ihr Recruiting, was es den Unternehmen erschwert, durch die Masse präsent zu sein.
- Zeit- und Ressourcenaufwand: Kreative und konsistente Inhalte erfordern zeitlichen Aufwand durch Recruiterinnen und Recruitern und im Personalmarketing erhebliche Investitionen an Zeit und Geld.
- Datenschutzrisiken: Die Einhaltung der DSGVO und der Schutz von Bewerberdaten stellen hohe Anforderungen an Unternehmen.
Rechtliche Rahmenbedingungen im Social Media Recruiting
Der Digital Services Act verpflichtet Plattformen zur Transparenz. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie sicherstellen müssen, datenschutzkonform zu agieren. Dies umfasst die Einhaltung der DSGVO bei der Speicherung und Verarbeitung von Bewerberdaten sowie die korrekte Kennzeichnung von Stellenausschreibungen als Werbeanzeigen.
Fazit und Ausblick
Social Media Recruiting bietet zahlreiche Vorteile, insbesondere bei der direkten Kandidatenansprache, der Stärkung der Employer Brand und der Erweiterung der Reichweite. Gleichzeitig erfordert es jedoch eine durchdachte Strategie, kontinuierliche Pflege und die Berücksichtigung rechtlicher Aspekte, um langfristig erfolgreich zu sein. Die Wahl der richtigen Plattform ist dabei essenziell. Unternehmen sollten die Stärken der einzelnen Netzwerke strategisch nutzen und die aktuellen Nutzertrends im Auge behalten.
Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Candidate Journey nicht nur aus einem einzigen Touchpoint besteht, sondern aus mehreren. Bewerbende informieren sich beispielsweise nach dem Besuch der Karriereseite häufig weiter auf Plattformen wie YouTube oder Instagram. Daher sollten Unternehmen auf allen relevanten Kanälen präsent sein und gezielt Reichweite generieren. Besonders YouTube bietet hier den Vorteil, durch zielgruppengerecht targetierte Kampagnen potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten ohne Streuverluste zu erreichen.
Während YouTube durch hohe Interaktionsraten und vielseitige Anwendungsmöglichkeiten hervorsticht, bleiben LinkedIn und TikTok ebenfalls wichtige Kanäle. Mit einer gezielten Kombination aus innovativen Technologien und kreativen Inhalten können Unternehmen ihre Arbeitgebermarke stärken und langfristig die besten Talente gewinnen. Recruiterinnen und Recruiter sollten für ein erfolgreiches und effizientes Social Media Recruiting ihr Ziel klar definieren, ihre Aufgaben strategisch planen und den Bewerbungsprozess so optimieren, dass offene Stellen effizient besetzt werden können.